eigentlich regnet es um diese Jahreszeit in Chennai nicht sonderlich viel -
aber von Sonntag bis Mittwoch hat es jeden Morgen geregnet, war es durchgehend trüb, drohte immer der nächste Wolkenbruch, so dass ich jeweils morgens entschied, nun doch nicht mit dem Motorrad auf Tour zu gehen, denn auf dem Motorrad sind die hier stattfindenden Platzregen (20 Liter in fünf Minuten oder ähnlich) nicht wirklich spaßig - beim letzten mal konnte ich die Schuhe, als ich nach nur zwei Kilometern zu Hause ankam, auskippen und Pfützen veranstalten ...
die vier freien Tage sind seit Donnerstag vorbei - und seit Donnerstag hat es auch kein einziges Mal mehr geregnet, seit Donnerstag sieht es wieder richtig schön sonnig aus, draußen, tolles Wetter, man könnte wunderbar durch die Welt fahren - aber ich sitze an meinem Arbeitsplatz, selbst heute am Samstag und tue so, als wäre ich nicht ganz so faul wie ich wirklcih bin ...
Gestern war alles wunderbar:
Aufstehen nach einfachen Aufwachen ganz ohne Stress und Wecker gegen sieben, ein paar Runden im Pool, geütliches Frühstück, nachdem ich wieder soweit eingerichtet bin, dass ich kochen kann und alles Mögliche, ...
Dann habe ich entschieden, wohin ich fahren will, dieses Wochenende, diese vier freien Tage, in eine kleine Tempelstadt namens Tirunnamalai, 200 km entfernt, was auf Indiens Straßen schcon vier bis fünf Stunden Fahrt bedeuten kann, ich druckte mir Karten aus, war bereit lozzuziehen.
Dann ging ich zur Bank, das dauerte ungefähr ewig und dann dachte ich mir einfach, dass es schon spät war un dnach Regen aussah, dass es ja noch genug Zeit gäbe, wenn ich heute losführe, wunderbar ...
Heute Morgen:
Schwimmen im Pool bei Nieselregen, Frühstück bei Nieselregen und jetzt sieht es immer noch nicht besser aus, auf dem Motorrad nicht wirklich spaßig, also sitze ich jetzt erstmal hier und schaue, wenn es bis Mittag trockener wird, fahre ich noch los, ansonsten aber bleibe ich halt einfach hier - was schade wäre, aber der Plan war ja, mit dem Motorrad loszuziehen ...
Als Trost gibt es weingstens mal ein Photo von der Anlage, in der ich jetzt wohne ...

Seit ich wieder in Chennai bin, regnet es fast jeden Abend (na gut, sagen wir, in den letzten 25 Tagen hat es 10 bis 15 mal geregnet.
Allerdings hat das bisher fast immer nur abends statt gefunden, aber heute regnet es seit einer halben Stunde in Strömen, in einer weiteren halben Stunde darf ich endlich hier raus, und die Straßen sind höllisch, sobald es auch nur ein paar Tropfen regnet, es gießt aber ...
Gestern Abend bestellt war der neue Tankrucksack schon aus Bangalore geliefert, als ich heute Nachmittag von der Arbeit zurück kam - und eigentlich hatte ich befürchtet, dass solche Sachen wie Onlineshopping hier möglicherweise nicht so gut funktionieren ...
Und inzwischen habe ich die Sachen, die ich verloren hatte dadurch, dass meine Wohnung geräumt wurde, während ich noch in Deutschland war, weitestgehend ersetzt: ich kann wieder kochen, es gibt Töpfe, Geschirr, Besteck, ich kann Wäsche waschen, habe einen Kühlschrank, kann auch wieder mit Gepäck durch die Welt reisen auf meinem Motorrad ...
Nur leider ist mein Konto ziemlich leer nach einigen Einkaufsorgien ...
Dass es in dem seltsamen Arbeitsverhältnis, das ich mit deutschen Behörden habe, Zuschüsse zu den Umzugskosten des Partners/der Partnerin gibt, wenn man als verheirate Ehepartner gemeinsam ins Ausland geht (egal, ob der Partner, die Partnerin nun arbeitet oder Däumchen dreht, solange nicht beide für meine Behörde tätig sind, gibt es auch für den Partner eben jene Umzugspauschale und auch ein kleines Mehrgeld für den Lebensunterhalt).
Aber dass es dieses kleine Mehrgeld automatisch gibt, sobald man heiratet, ganz egal, was der Parner / die Partnerin macht, das wusste ich nicht. Aber wir nehmen es gerne mit, da mein Job sowieso unterbezahlt ist, vergleiche ich die Gehälter anderer Spezialisten, die im deutschen Auftrag in Indien unterwegs sind mit meiner Zuwendung ...
(Und mit diesem kleinen Mehrgeld können wir zumindest einen Teil der nun um ein vierfaches höheren Miete zahlen, die die neue Wohnung kostet, so dass wir wohl, auch wenn S. nicht arbeiten sollte, immer noch einen kleinen Teil meines Einkommens sparen können - oder auch mal gemeinsam nach Europa reisen, sollte sie ein Visum bekommen ...)
ganz einfach: man ziehe irgendwo in Indien in eine Luxus-Wohnanlage (nein, das war nicht so geplant, eigentlich bevorzuge ich ja das normale Leben, aber es hat sich ergeben, dass die Wohnung sofort frei war, dass es Klimaanlagen und Ventilatoren gibt, die funktionieren, dass sie schön ist, dass es einen Pool gibt, den man benutzen kann, dass sie S. gefallen wird, wenn sie dann auch endlich kommt, dass sie trotzdem (für uns) bezahlbar ist, ...). In dieser Wohnanlage nun will ich natürlich auch meine kleinen Luxusgüter installieren wie Waschmaschine, Kühlschrank und Wasserfilter, die ich in meiner letzten sehr sehr einfachen Wohnung ganz problemlos auch schon betreiben konnte. Bei der Waschmaschine kein Problem, aber in der Küche musste ich für den Wasserfilter einen speziellen Wasserhahn installieren bzw. den vorhandenen austauschen.
Kein Problem, denkt man.
Im puren Luxus dieser Wohnanlage aber hat irgend ein Planer vergessen, einen Abstellhahn für die Küchen einzubauen, sobald man da reparieren oder austauschen muss, geht das nur unter fließendem Wasser, weil man das eben nicht abstellen kann.
Und so kam gestern der "Plumber" mit seinen zwei Zangen und eh schon halb nass und erklärte mir auf Händisch und Füßisch (nein, ich kann noch kein Tamil) den Sachverhalt und fing fröhlich an zu schrauben, während ich Eimer und Putzlappen bereitstellte.
Clever lockerte er erst alle Schrauben, Wasser begann zu tropfen und zu laufen, dann drehte er flugs den alten Hahn heraus, das Wasser spritzte, strömte, durchnässte ihn und mich, der ich versuchte, wenigstens einen Teil aufzuhalten und in den Eimer zu leiten. Es überschwämmte in Sekunden die Küche, es floss noch zwei, drei Minuten weiter, bis der neue Hahn installiert war.
Das Ergebnis: zwei völlig nasse Menschen, eine Menge Spaß dabei, denn ich fand es auch irgendwie lustig, bei laufendem Wasser wohl wissend um die folgende Wasserorgie einfach so den Wasserhahn herauszuschrauben.
Aber jetzt habe ich wieder jederzeit sauberes, unbedenklich trinkbares Wasser so viel ich brauche, ohne dass ich bezahlen oder auf irgendeinen Lieferanten warten muss, der dann eh nicht kommt ...
Gestern kaufte ich ein paar Kleinigkeiten wie Kühlschrank, Waschmaschine und Gaskochdingens.
Das Gaskochdingens wurde gleich am selben Abend noch geliefert, obwohl ich erst heute damit gerechnet hatte. Der Rest sollte heute kommen. Und so sitze ich hier, kann nicht weg und warte.
Morgen werde ich dort anrufen - jetzt ist natürlch niemand mehr da, bis acht sollte geliefert werden, auch um halb acht war schon niemand mehr zu erreichen ....
Prima, dass ich statt groß einzukaufen, weil ich ja bald einen Kühlschrank hätte, der zu füllen wäre, zu Hause saß und auf den selben wartete, der dann nicht kam ...
Aber wenn man hier sagt, dass die Leute unzuverlässig sind, dann werden die Damen und Herren Inder gleich böse und fühlen sich persönlich angegriffen - leider aber weiß ich, dass fast alle Termine bisher nie funktionierten, auf Handwerker oder Lieferungen muss man im Schnitt mindestens zwei, eher drei Tage warten - und das durchaus auch nach dem Anruf, in dem einem gesagt wird "In fünf Minuten" - auch da muss man damit rechnen, dass derjenige erst übermorgen und nach sieben weiteren Telefonaten da ist.
es wird langsam Zeit.
Schon am Anfang der Revolution machten die Ägypter den Fehler, ihre Generäle, allesamt Freunde, Vertraute oder zumindest Unterstützer und Nutznießer des Mubaraksystems, nicht zu entmachten, sonden ihnen die Macht zu überlassen, also den allerschlimmsten Mördern, Dieben und in Sachen Politik und Wirtschaft Idioten (die natürlich vom Westen unterstützt wurden und werden, ein großer Applaus an den Westen, dem ja schon immer Diktaturen und Massenmord lieber war als ein Volk, das die eigenen Interessen in die Hand nimmt). Diese Generäle machten indirekt Mursi zum Präsidenten, einen Betonkopfislamisten, der wiederum genauso keine Ahnung hat vom Leben, von Politik, von Wirtschaft, von Menschenrechten und für den der Koran in seiner eigenen Steinzeitauslegung das einzige Buch ist, das er vermutlich je gelesen hat, verstanden hat er vermutlich noch weniger, denn Islam als Idee ist tausend Mal friedlicher, toleranter und liebt die Menschen im Gegensatz zu den Ideen der Bruderschaft. Und das Volk spielte mit, lies sich von den Worten "Demokratie, gewählt, Mehrheit" blenden und vergaßen dabei den massiven Wahlbetrug der Generäle, die erst zur Wahl zwischen dem einen General und dem anderen Moslembruder führte, zur Wahl zwischen Pest und Cholera, denn ohne ihren Betrug hätte es eine Wahl zwischen einem weltlichen Liberalten gegeben und dem Bruder, den die Bruderschaft locker und mit Links verloren hätte.
Nach einem Jahr, das Mursi dazu nutzte, seine private Macht und die der Moslembruderschaft ganz und gar undemokratisch zu mehren durch Basteleien an der Verfassung, andererseits durch verfassungsfeindliche Gesetze, durch Gewalt, durch Lügenkampagnen in den staatlichen Medien usw, nach einem Jahr der politischen Unfähigkeit und des wirtschaftlichen Absturzes sind die Ägypter endlich wieder auf der Straße.
Es wird Zeit.
Und jetzt wäre ich gerne wieder dort, in dem Land, das ich damals frustriert verlassen hatte, frustriert, weil all die Energie, der Mut, die Freude und Zuversicht der Menschen, die eine Revolution gemacht zu haben glaubten, mit Füßen getreten wurden, weil diese Menschen, die so schön uns stolz auf Ägyptens Straßen gefegt hatten, weil sie endlich wieder in einem Land lebten, das ihres war, das sie gestalten, schön machen wollten.
Der Dreck war wieder da, wieder war draußen kaum jemand, der sich wagte, dem Gegenüber in die Augen zu schauen, wieder versank all das Positive in jenem bigotten Lügenmeer, in dem nur der Schein zählt ...
Ich hoffe, dass die Ägypter diesmal nicht vor den Generalen halt machen, dass sie nicht die alten Dinosaurier an der Macht lassen, sondern dass sie jetzt weiter gehen und sich trauen, selbst zu bestimmen. Und sei es nur dadurch, dass sie wirklich Neuwahlen erzwingen und einen Wahlbetrug wie beim letzten Mal nicht zulassen, dass sie auch nach den Wahlen präsent bleiben, ihre Rechte einfordern und sich nicht blenden lassen von tumben Moschee-Predigern, die den einzig wahren Weg zu wissen behaupten, Weißhaus-Entsandten, die jedem in den Popo klettern, der "Stabilität" verpricht, der den Status Quo halten will (schreiende Ungerechtigkeit, gigantisches Elend, Missachtung von Demokratie und Menschenrechten, Unterdrückung der Frau, der Intelligenz, der Nubier, der ... der ... fast aller Menschen eben usw. usw.) oder weichgespülten FDP-Reisenden, die auf dem Tahrir Square auch nur Worthülsen loswerden wollen um danach dann mit den Generälen in exclusiver Runde beim Essen über die Verteilung der Gewinne zu verhandeln.
Doch, wenn ich sehe, dass es immer noch etwas gibt von dem Geist, der damals Mubarak wegschwemmte, der Ägypten für kurze Zeit zum wirklich schönen Land machte, in dem zu Leben eine Freude war, dann geht es mir gleich besser - auch wenn ich mir heimlich Sorgen mache um S., die mittendrin ist in Ägypten ...
und so sitze ich hier, bei mir ist es inzwischen schon richtig tiefer Abend, habe mir noch ein Bier geholt (am Alkoholladen kam ich vorher zufällig vorbei ;-) und schaue mir einen Film an.
Irgendwie muss ich dabei an K. denken, den Mann meiner Schwester E. - wir haben zwar so oft noch nicht gemeinsam Bier getrunken, doch so ein gemütlicher Abend mit ihm zusammen hat auch was, doch, ihn mag ich sehr.