B. hat es gesagt: in Japan explodieren reihenweise Atomkraftwerke, Frau Merkel - kann man unverschämter eigentlich noch sein? - versucht sich in Mutter der Nation und macht auf große Beruhigerin, will aber andererseits auf die Geschenke, die den Betreibern gemacht wurden nicht verzichten, ob die ihr wohl auch das eine oder andere Millionchen sonstwohin geschoben haben?
In Libyen ermordet ein selbsternannter "Revolutionsführer" sein gegen ihn revolutionierendes Volk, die Welt geht zu Bruch und ich lebe einen Alltag, einen anstrengenden zwar, aber Alltag eben.
Und so scheint es tagsüber in Kairo ja auch zu sein. Vor den Kasernen, draußen am Stadtrand waren zwar in der Woche viele Transporte unterwegs (wer weiß, vielleicht ging ja wirklich einiges nach Libyen zu den Aufständischen?), das Militär aber ist aus den Straßen fast völlig verschwunden, manche Läden immer noch geschlossen, wenn man genau hinschaut, sieht man schon noch da und dort ausgebrannte Ruinen, Überreste der Revolution, aber es herrscht scheinbar Alltag.
Selbst am Tahrir Square war es fast schon ruhig, vielleicht zwei, drei, vielleicht auch fünf Tausend Menschen, aber sicher nicht mehr.
Was ich nicht verstehe, ist, was gerade vor der Tür abgeht: Geschrei von vielen Männern, Gerenne, selbst geschossen hat schon wieder jemand, sicher nur in die Luft, aber immerhin. Und dann wieder Geschrei und wieder rennen sie ...
Nein, doch kein Alltag - und irgendwie sind wir schon alle ein wenig nervös ...
auf der einen Seite höre ich aus dem Festsaal hier um die Ecke erst ein langes Gebet, jetzt Musik (könnte eine Hochzeit sein), dann wird auf der anderen Seite geschossen - wie üblich hoffentlich nur in die Luft.
Aber nein, meine Damen und Herren Ägypter und andere, ich mag das einfach nicht mehr. Würden Sie bitte die Ballerei auf den absoluten, akuten Notfall beschränken?
Danke
auf der einen Seite höre ich aus dem Festsaal hier um die Ecke erst ein langes Gebet, jetzt Musik (könnte eine Hochzeit sein), dann wird auf der anderen Seite geschossen - wie üblich hoffentlich nur in die Luft.
Aber nein, meine Damen und Herren Ägypter und andere, ich mag das einfach nicht mehr. Würden Sie bitte die Ballerei auf den absoluten, akuten Notfall beschränken?
Danke
auf der einen Seite höre ich aus dem Festsaal hier um die Ecke erst ein langes Gebet, jetzt Musik (könnte eine Hochzeit sein), dann wird auf der anderen Seite geschossen - wie üblich hoffentlich nur in die Luft.
Aber nein, meine Damen und Herren Ägypter und andere, ich mag das einfach nicht mehr. Würden Sie bitte die Ballerei auf den absoluten, akuten Notfall beschränken?
Danke
... und ich mitten drinnen. Nicht als Protestant: atheistisch, wie ich bin, halte ich es für absurd und unmenschlich, dass es überhaupt nötig ist, sich auf eine Religionszugehörigkeit zu berufen um politisch Stellung zu nehmen und als Gast hier halte ich mich mit demonstrativen Aussagen tunlichst zurück. Aber als Beobachter war ich mitten drinnen - und diesmal war ich so dreist, auf meine blonden Haare und die Wirkung meiner Kameras zu bauen, habe mich nicht in der langen Schlange zwischen die Panzer begeben, um hineingelassen zu werden, sondern habe mich an den Ausgang gedrängt, nachdem ich mitgekriegt hatte, dass dort hin und wieder besondere Leute hindurch geschleust wurden.
Ich wurde gefragt, ob ich Journalist sei, ja, Photograph, aber ich hätte keine Karte dabei, sagte ich dreist, ich gebe zu, ich bin ein schlechter Mensch - aber es funktionierte. Ich kam zwar um die Leibeskontrolle (oberflächlich) nicht herum, für die sich der junge Mann auch entschuldigte, der sie machte, aber die gehört dazu und ich mag ja die Vorstellung auch nicht, jemand könnte Bomben dort einschmuggeln, also lasse ich mich gerne abtasten und mache sogar freiwillig meinen Rucksack auf.
Interessant, dass die Kontrollen weder Militär noch Polizei machen, sondern junge Leute, die augenscheinlich aus der Protestbewegung heraus kommen.
In der Regel will ich ja keine Vorzugsbehandlung als Blondi und Fremdländer, aber heute fand ich es mal in Ordnung - dafür musste ich ja auch viele Demonstranten photographieren und mit anderen für ihre Familienalben posen ;-)
Nur leider war es schon zu spät und zu dunkel, um noch ernsthaft zu photographieren. Interessant aber die Gespräche dort, Tenor: die Menschen wollen in Frieden gemeinsam leben, aber die einen haben Angst vor den anderen und umgekehrt - und in beiden Religionen gibt es einzelne Aufheizer, die eine Gemeinsamkeit erschweren.
Die neueste Ausstellung bei houseart ist gerade vorher eröffnet worden. Wir zeigen gerade Bilder von Philip Grassmann aus Kairo - vor allem von der Revolution, womit wir sehr aktuell sind (und sehr gut außerdem - er ist einfach ein toller Photograph)
Die Ausstellungseröffnung war ein großer Erfolg, trotz der Umstände (drohende Ausgangssperre, immer wieder mal Auseinandersetzungen auf Kairos Straßen, Unsicherheiten, ...) waren viele Leute da und die Ausstellung sowie das soziale Event wurden sehr positiv gesehen ...

kann einem schon mal zumute werden: Regelmäßig wird geschossen hier, auch vorher schon wieder, relativ nahe. Es sind wohl in der Regel nur Schüsse in die Luft, aber nichts desto Trotz sind hier massenweise Leute mit scharfen Schusswaffen unterwegs - und niemand weiß, wer welche Waffen dabei haben mag.
Gestern hatte ich ein langes Gespräch mit einer Kollegin, ach darüber, dass viele ägyptische Bekannte so viel Angst haben. Es kursieren viele Geschichten, z.B. auch von den gekidnappten Taxen, die dann nicht mehr als Taxi unterwegs sind sondern mit kriminellem Fahrer, der dir eben den Ballermann an die Schläfe hält, um das Portemonaie zu kriegen, auch die Geschichte mit den Kindern, die auf die Fahrbahn gesetzt werden, um die Leute zum Anhalten zu zwingen und sie dann auszurauben, des Autos zu berauben oder wessen auch immer, ist nicht schlecht.
Wenn man dann noch weiß, dass z.B. in die Wohnung einer Kollegin gleich zwei mal eingebrochen wurde in den letzten Tage, dass so Kleinigkeiten wie gestohlene Taschen im Sportclub oder Prügeleien oder oder oder jetzt zur Tagesordnung gehören, dann kann man sich schon blöd vorkommen draußen in new Cairo, nachdem das Taxi nicht gekommen ist, das man sich bestellt hatte und man zu Fuß zur nächsten größeren Straße wandern muss in der Hoffnung, dass man da ein echte Taxi finden wird ... (und dann kam auch noch der fiese Geländewagen mit den verdunkelten Scheiben angebraust und bremste so ab, dass er genau neben mir zum Stehen kam - niemand sprang heraus, das DIng war einfach nur kaputt, der Motor war hin und als es dann beim Startversuch eine ganz besonders heftige Fehlzündung gab, die schussmäßig durch die Gegend knallte, war es dann doch wieder so lustig, dass ich vor mich hin grinsen konnte, nicht zuletzt darüber, dass ich mich selbst in so eine Angststimmung hineinsteigerte).
Aber blöd ist es schon manchmal, dass ich eine Stimmung auch der Angst um mich herum wahrnehme, die ich aber nicht verstehe und eben auch ganz und gar nicht einschätzen kann. Ist es bloß Hysterie und völlig realitätsfremd oder ist es tatsächlich gefährlicher geworden, draußen auf den Straßen? Ich weiß es nicht.
... die neue Ausstellung bei
houseart
Sie ist gut geworden - und, auch wenn wir das anders geplant hatten, haben wir es doch geschafft, Bilder der Revolution zu haben - sogar welche, die man außer bei uns nur teuer über eine Presseagentur kriegen könnte ;-)
Nur sind es diesmal keine Photos von mir, wäre Philipp nicht eingeplant gewesen, hätte ich gerne meine Bilder der Revolution aufgehängt, sind auch einige ganz interessante dabei.
Draußen hat es wieder mal geschossen, einfach nur ein einzelner Schuss - zur Zeit ist das leider sehr normal in Kairo, wie mir Freunde erzählten, die in ganz unterschiedlichen Teilen der Stadt leben, aber hier ist es wohl schon noch recht viel.
In manchen Gegenden schießt das Militär des Abends, um den Leuten zu zeigen, dass es Zeit ist, heim zu gehen, weil gleich Sperrstunde, Ausgehverbot, anfängt. In manchen Gegenden sind es wohl angeblich auch Leute, die da wohnen und immer wieder mal zeigen müssen, dass sie es sich nicht gefallen lassen, sollte es jemand wagen, in ihre Wohnung einzubrechen (was wohl verstärkt passiert zur Zeit), wer es hier warum tut, weiß ich nicht, es knallt immer wieder mal, mal näher, mal weiter weg, mal ein einzelner Schuss, mal ein paar in Folge, auch Maschinengewehre haben wir schon gehört, ...
Nee nee, normal ist das nicht! (aber auch kein Grund zur Beunruhigung, es ist wieder sehr ruhig hier )
sollte sich heute eine Million Menschen einfinden. Vielleicht waren es nicht ganz so viele, aber es herrschte Volksfeststimmung - und es fehlen zur Zeit doch die Ausländer, ich war einer der relativ wenigen und wurde dementsprechend mindestens zweiundzwanzigtausendmal photographiert, wurde etwa im Minutentakt angesprochen, musste zwanzig Kinder herzen, während Mama oder Papa photographierten, musste auch einige nette junger Männer in den Arm nehmen um auch mit ihnen für das Photoalbum zu posieren und viele viele Leute forderten mich auf, sie zu photographieren (" I need a photo of me with your Camera").
Aber es hat Spaß und ich habe einfach mit gemacht. Wenn es mal wieder einen Marsch der Millionen in Ägypten gibt, bin ich gerne wieder mit dabei.
whisper?
nun, draußen ist es recht laut, vorher massenweise Sirenen, jetzt klingt es wie tausende Trillerpfeifen gemischt mit Hupen und der einen Sirene ab und an - und zwischendurch immer wieder das Knallen, wie es von Knallfröschen aber eben auch Schusswaffen kommen könnte.
Alles weit weg und nein, keine Angst, ich werde nicht raus gehen um nachzuschauen.
Und besonders interessant: ein paar Leute hier vor der Tür unterhalten sich ganz locker und entspannt.
gibt es heute Abend keine mehr auf den Straßen Kairos - die Verkehrsleitung haben junge Leute übernommen, es ist schon ein seltsames Gefühl, in dieser Stadt unterwegs zu sein, in der sonst an jeder Ecke drei Polizisten stehen und jetzt keinen einzigen zu sehen - und es scheint jetzt normal zu sein, dass die meisten Polizisten nachts von den Straßen verschwinden ...
Überall ist es wirklich sauberer geworden hier in Kairo - heute war eine Gruppe junger Leute dabei, unsere Straße zu säubern, als ich nach Hause kam, nächste Woche wird auch unsere Schule einen cleaning-day machen und rund um die Schule ausschwärmen und säubern, überall und ständig sieht man junge Leute, die an den lächerlichsten Stellen Bürgersteige schwarz weiß anmalen, was wohl ein Überbleibsel aus einer Zeit war, als es noch Verkehrsregeln gab, vor 1000 Jahren oder so, zumindest lange lange vor der Revolution, und die Leute noch wussten, dass man dort nicht parken darf. Heute wird eben hinter den parkenden Autos gestrichen und ich glaube, dass die meisten Leute wirklich nicht wissen, warum dort schwarz/weiß gestrichen ist ...
Aber doch, es ist sauberer und wenn dann die Leute, die hier fegen und putzen dann auch wirklich aufhören, ihren Müll überall einfach unter sich fallen zu lassen, dann könnte auch etwas längerfristiges daraus werden.