Wenn es zum Staatsakt wird, eine Batterie zu kaufen

Seit ewigen Zeiten wollte ich schon eine Batterie für mein Motorrad kaufen. Die alte ist kaputt, das Töffel töffelt zwar mit Kickstarter, aber manchmal wäre es schön bequem, den elektrischen zu benutzen, ich bin ja auch eine faule Socke.
Bei mir um die Ecke gibt es einen Batterieladen, mit ganz vielen verschiedenen Batterien für Autos, Motorräder und Haus-Notstrom-Geräte im Angebot. Prima, fuhr ich also hin. Einmal, zweimal, dreimal, niemand war da, die Ladentür ist offen, der Metzger nebenan kennt Mr. Batteriemann wohl auch, hat ihn angeblich sogar schon gesehen, aber der Batteriemann selbst war nie da, käme aber um sechs wieder. Also noch einmal um halb sieben hin, kein Batteriemann da. Und auf der Straße weiter Richtung Zentrum gibt es zwar viele Schrauber, aber keiner hat Batterien.
Auf dem Rückweg schaute ich nochmal bei Mr. Batterie vorbei, wieder war er nicht da. Also rief ich die Nummer an, die er auf seinem Ladenschild dick fett aufgedruckt hat, schließlich will er Batterien verkaufen und reich werden. "Diese Nummer ist zur Zeit nicht zu erreichen" - fünf, sechs mal, danke auch.
Also auf zum nächsten Batterieladen. Es ward gemunkelt worden, es gäbe im Dorfzentrum hier um die Ecke eins (in den Vororten besteht Chennai eher aus zusammengewachsenen Dörfern und Siedlungen mit jeweils eigenen kleienn Zentren). Nicht zu finden, niemand wusste etwas, irgendwo an der Mainstreet müsse ich suchen (das ist die dicke fette Schnellstraße die einmal quer durch Chennai und am anderen Ende nach Bombay oder Delhi oder wo auch immer hin führt). In der anderen Richtung kam ich beim Motorradschrauber vorbei - natürlich bisher alles auf dem Fahrrad. Den fragte ich und nach fünf Minuten, in denen er mir immer wieder beteuerte, er hätte keien Fahrradbatterien schleppte dann sein Helfer aus dem Abfallhaufen eine alte Batterie herbei, die gepasst hätte, wäre sie neu und brauchbar gewesen, ein des englischen mächtigen Helfer hatte ihm "Batterie" übersetzt, was sowohl auf Englisch als auch auf Tamil das selbe ist, und hatte ihm auch die Motorradmarke übersetzt "Royal Enfield", "Bullett", die hier jeder, aber auch wirklich jeder kennt. Mit sketpischen Blick auf mein Fahrrad meinte der Schrauber dann, dass er so eine Batterie wohl besorgen könne, "Morgen".
Nein Danke.
Nochmal beim Batteriemann geschaut, inzwischen war es wohl halb neun: Niemand da, das Telephon immer noch nicht zu erreichen.
Am nächsten Morgen sah ich zufällig auf dem Weg in die Schule den Batterieladen den ich am Abend vorher nicht gefunden hatte und den es nach mehreren Ortsansässigen auch sicher nicht gebe, vielleicht eben an der Maistreet, zwei Kilometer in der anderen Richtung. Auf dem Weg nach Hause ging ich hinein, radebrechte auch da, dass ich eine Batterie wolle, das wurde mir, der ich ja mit dem Fahrrad kam an dem man keine Batterie sah, auch geglaubt wurde, als ich Motorradmarke inclusive dem berühmten "Bullet" aufschrieb, dazu noch vermerken konnte, dass die Batterie 12 Volt und 14 AH bräuchte. "Ist nicht da, kann ich bestellen, gibt es dann Morgen, auf jeden Fall". Nun, danke, noch hatte ich Hoffnung auf meinen lokalen Dealer.
Der war nicht da. Aber sein Telephon war besetzt, ein großer Vortschritt. Zuhause baute ich die alte Batterie aus - die Information des Motorradtyps und der Leistungsmerkmale hatte bisher selten ausgereicht um die Batterie, die ich wollte, deutlich zu machen, kam ich doch immer mit dem Fahrrad an, wo ja so eine Batterie ganz eindeutig nicht passt, also war ihnen meine mündliche Information immer sehr suspekt. Mit der Batterie kam ich beim local Dealer an - nicht da, was klar war, aber notfalls hätte ich ihn jetzt ja auch zu Hause besucht, was nicht weit sein konnte - aber er nahm das Telephon ab, verstand mich nicht, reichte mich weiter, verschwand für drei Minuten aus der Leitung, gab mich schließlich weiter an jemand anderen, der Englisch konnte und mein Begehr einfach so kurz und bündig abwehrte mit: Die Batterie haben wir nicht.
Danke auch.
Also fuhr ich zum anderen Laden, in der Hoffnung, wenigstens eine Bestellung aufgeben zu können. Dort führte ich mein Muster vor, endlich wurde geglaubt, dass ich keine Batterie für mein Fahrrad bräuchte, das ja ein batteriebetriebenes Rücklicht hat, was die Herren vielleicht verwirrte. "Morgen, 9 Uhr" wurde mir versichert, natürlich könne er die Batterie besorgen.
Ich fragte nach: Sicher, Morgen? Wenn nicht würde ich böse werden. Ja, sicher werde die Batterie da sein, versprochen.
Am nächsten Tag nach der Schule kam ich also dort hin, hatte die Tasche dabei für den Transport und das Geld. Tausend Leute im Laden, ein englischsprachiger Besitzer höchstselbst sogar. Wieder musste ich erklären, was ich wollte, machte das auch, verwies darauf, dass ich ja gestern schon bestellt hätte. Ja, die Batterie habe man, die koste 2500 Rupies. Prima, wo sie denn sei fragte ich. Na, hier, sie koste 2500 Rupies. Niemand machte Anstalten, sie herauszuholen, diese sagenhafte Batterie, aber noch einmal wurde gesagt, sie koste 2500 Rupies. Also fragte ich noch einmal ausdrücklich nach: DIe Batterie ist also wirklich hier? Ja wurde gesagt.
Ich kramte mein Geld aus der Tasche, was nicht so einfach ist, ist es doch im Rucksack ganz unten verkramt, seelenruhig schaute mir das halbe Dorf, das im Batterieladen versammelt war, dabei zu. 2500 Rupies zählte ich ab. "So, wo ist die Batterie denn nun?" fragte ich um den Handel abzuschließen: "Haben wir nicht, können wir bestellen" war die Antwort.
Diesmal musste ich diese Menschen tatsächlich als "bloody fucking Assholes" beschimpfen, und zwar ausführlich, laut und mehrfach - gerne hätte ich gegen irgend etwas getreten, aber es gab nix außer meinem eigenen Fahrrad auf das ich mich schwang und von dannen fuhr.
Zu Hause angekommen trank ich einen kurzen Kaffee und radelte in Richtung Motorrad-Laden, sechs sieben Kilometer in Richtung Stadtzentrum. Auf dem Weg kam ich an diversen Werkstätten und schließlich auch bei einem Batterieladen an, die die entsprechende Batterie auf Lager hatten, Säure einfüllten und aufluden, so dass ich sie nach einer Stunde mitnehmen konnte (auch hier wurde zwar skeptisch auf das Fahrrad geblickt, aber als ich erklärte, für welches MOtorradmodell ich eine Batterie suchte, wurde mir sofort das richtige Model aus dem Schrank geholt und vorbereitet). Nun hatte ich zwar noch eine Stunde totzuschlagen, fuhr also noch weiter, um vielleicht schon mal einen Laden zu finden, wo ich einen Koffer für mein Motorrad bekommen würde, trank noch einen guten Kaffe zu einem miesen "Sandwich" in einem guten Café (was die Kaffee-qualität und die Aufmachung angeht, gelegen ist es in einem Klamotteladen, also nicht wirklich atmosphärisch schön), verfuhr mich noch ein wenig auf dem Rückweg, aber bekam meine Batterie sogar billiger als geplant, fuhr nach Hause, baute sie ein, stellte frustriert fest, dass auch mit ihr der Start des Motorrads nicht funktionierte, und hatte zwischen fünfzehn und zwanzig Kilometer zusätzlich auf dem Fahrrad hinter mir, war durchgeschwitzt ohne Ende (es waren ca. 34°C) und hatte nach drei Tagen endlich meine Batterie.

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