Donnerstag, 24. November 2011

Nach wie vor absurde Normalität in Ägpyten ...

Während in Kairo die Straßenschlachten weiter toben, waren wir heute Abend gemütlich beim Abendessen bei S. Kollegen - sie waren alle, wie wir auch, während der Revolution vom 25. Januar in Port Said und sind, wie wir auch damals, schon ziemolch früh ausgereist um dann nach Mubaraks Rücktritt wiederzukehren.
Den Tag über war es wieder ruhig in Port Said, bis jetzt ist nichts zu merken von einer Revolution, nicht einmal der Hubschrauber von vorgestern war zu sehen oder zu hören, auch keine Düsenflieger oder sonst etwas. An den üblichen Punkten sind Polizisten oder Soldaten zu sehen, nicht mehr als normal, auch nicht besonders angespannt, wie üblich lungern sie herum, bringen weder ein mehr an Sicherheit noch das Gefühl, irgend etwas gtegen das Chaos ausrichten zu wollen oder zu können, das den ägyptischen Verkehr auszeichnet.
Krass: Überall laufen die Fernseher, die auch hier bei ägyptischen Sendern Bilder vom Tahrir Square zeigen, den Ton dazu verstehe ich nicht, aber es wird angeblich nicht mehr ganz so schlimm gelogen wie noch bei den Angrriffen auf die Kopten vom 9. Oktober, wo das staatliche Fernsehen behauptete, die "Christen schießen auf unsere Soldaten", während auf der Straße vor dem Haus des Rundfunks Chrsten von Soldaten grundlos angegriffen und ermordet wurden.
Während wir also im Fernsehen die Bilder vom Tahrir Square sehen, laufen in Kairo die Straßenschlachten weiter und die Kollegen sind der Meinung, dass hier der Alltag ganz normal weiterlaufen wird und sich die Lage in Kairo beruhigt.
Ich persönlich glaube nicht daran, ich gehe davon aus, dass das Militär nicht nachgeben wird - würde Tatawi dem (gerechtfertigten und notwendigen) Druck weichen,, würde er Platz machen für eine demokrtatische Regierung, für eine Regierung, die auf rechtlichen Grundsätzen basiert, würde er, der ja verantworlich ist für seine zwanzig Jahre als Verteidugungsminister, für Milliarden Dollars, die irgendwo aus dem Militäraparat in private (nicht zuletzt seine eigenen) Taschen verschwunden sind, für Gewalt, Folger, Morde verübt von Soldaten, die systematisch und sicher nicht spontan sondern in höherem Auftrag handelten, für Bomben, die vom Mubarak-Clan in Auftrag gegeben wurden gegen Kirchen, gegen Tourismuszentren, für die Gewalttaten der letzten WOchen und Monate, die Ägypten ja in der ganzen Welt bekannt gemacht haben ...
Es liegt im ureigensten Interesse der Generäle, nicht verantwortlich gemacht werden zu können für all ihre Taten und dementsprechen müssen sie notwendigerweise weiter machen.
Und deswegen müssen die Menschen auf der Straße weiter machen, denn sonst wird sich in Ägypten nie etwas ändern.
Und dazu gehört es auch, dass Tantawi in seiner Lügenrede gestern Abend winzige Schritte auf die Forderungen der Demonstranten zuging (ja, man werde die Macht abgeben, die Präsidentenwahlen würden doch im Sommer durchgeführt und nicht erst 2013 wie man das noch ein paar Tage vorher gesagt hatte also möglichen Termin, wo man frühestens daran denken könne, die Macht an zivile Stellen zu übergeben ...), Lippenbekenntnisse ablegte ohne eine einzige konkrete Zusage zu machen außer der, dass man die Soldaten und Polizei aus der Innenstadt abziehe, eine Zusage, die gefolgt wurde von neuen Attacken mit Gummigeschossen (nicht die schon grausamen aus Vollgummi, sondern wohl auch die mit Metallkern) und mit Tränengas (man geht davon aus, dass ein in Europa verbotenes Gas benutzt wird, das weit schädlicher ist als herkömmlches Tränengas, ein Gas, das unter Umständen zu blutigem Husten und ähnlich grausamen Folgen führt), durchgeführt von Soldaten und Polizisten von Panzern aus, mit der allbekannten Brutalität und Hemmungslosigkeit.
Ich persönlich frage mich ja, wann Tantawi und Co dann die gekauften Schläger auf den Platz schicken, so wie es auch Mubarak und Freunde gemacht haben (nicht vergessen, Tantawi gehörte auch damals schon lange und immer noch zu den führenden Personen des Mubarak-Regimes) - ein Angriff von ein paar hundert bezahlten Schlägern mit Baseballschlägern, Messern, die als normale Demonstrationsteilnehmer getarnt auf den Platz gebracht werden, würde das Chaos sehr schnell in ungeahnte Dimensionen treiben und Tantawi würde vor die Kameras treten und - wie Mubarak damals - sagen: "Seht ihr, ohne mich gibt es nur Chaos!", würde die Demonstranten, sofern sie noch leben, in Gefängnissen verschwinden lassen, die bezahlten Schläger und Mörder würden, falls zufällig jemand bekannt und vor Gericht gebracht würde, wie die Angreifer der israelischen Botschaft mit erhobenem Zeigefinger "du böser, mach das nicht nochmal" auf Bewährung mit ein paar Monaten Papierstrafe wieder freigelassen und stünden bereit für den nächsten Einsatz, Tantawi würde weitermachen wie gehabt und hätte noch ein paar Monate oder Jahre mehr Zeit, seine Machenschaften, seine Millionen wenn nicht gar Milliarden zu verschleiern, sofern es ihm nicht gelingen sollte, eine Generalamnesie für alle Mörder und Diebe des Mubarak- und Tantawi-Regimes in die neue Verfassung einzubauen, für die er ja gerne selbst verantwortlich zeichnen will und vor deren Verabschiedung er keineswegs die Macht aus den Händen geben will.

Ich schreibe mich wieder in Rage - nein, ich schreibe die Rage auf, in die mich die Lügen und das Verhalten dieser Menschen gebracht haben.
Und besonders interessant finde ich ja, dass die ganze Welt an der Rede gestern Abend auzssetzte, dass es keine Entschuldigung für die Toten der letzten Tage gab, die wurde jetzt nachgeliefert, nicht von Tantawi, ich glaube, so etwas käme ihm nicht über die Lippen, er muss ja so tun, als hielte er seine Menschenverachtung, seine Brutalität, seinen grenzenlosen Egoismus und Eigennutz wirklich für "das Beste für unser Volk" usw.
Und mit der Entschuldigung für die Toten geht der parallele Einsatz des neuen, giftigen Gases einher, geht das Schießen weiter, fahren die Panzer auf in Kairo, Alexandria, in Ismailia, das Sterben weiterer Demonstranten, die friedlich für die Demokratie eintreten wollten und sich jetzt mit Steinen gegen die größte Militärmaschine Nordafrikas wehren müssen.

(Und, wie gesagt, gleichzeitig geht hier in Port Said der Alltag weiter - aber zumindest ich bin gespannt darauf, ob es nicht wenigstens morgen, nach dem Mittagsgebet nicht doch eine Demonstration geben wird.
Wir haben uns vorgenommen, morgen endlich einkaufen zu gehen, uns mit dem Allernotwendigsten einzudecken für den Fall, dass wir irgendwann vielleicht doch gezwungen werden, längere Zeit in der Wohnung zu bleiben oder es vielleicht irgendwann mal etwas nicht gibt - ich traue dem Frieden hier in Port Said nicht dauerhauft - wo damals im Januar und Februar ja auch geschossen wurde, wo Demosntranten ermordet wurden, wo später dann plündernde, vom Mubarakregime losgelassene Banden durch die Stadt marodierten, wo auch Polizeiwachen brannten und irgendwann die Stellvertreter des Regimes vertrieben wurden.

Und wenn sich die Situation wieder normalisiert - wie es die meisten hier hoffen, dann werden wir Mehl, Trinkwasser, Nudeln,Reis, Dosengemüse usw. einfach so wieder verbrauchen, kein Problem ...

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